Tod in der Psychiatrie

Gestern verstarb meine langjährige Freundin Ingrid G. aus Aachen mit 59 in der geschlossenen, psychiatrischen Abteilung des Aachener Klinikums; Gevatter Tod hat sie im Schlaf abgeholt.

Ich hatte vor einem halben Jahr den Kontakt abgebrochen, da sie ihrem Körper willentlich Schaden zufügte und diesbezüglich unbelehrbar sowie uneinsichtig war.

Düsterste Trauer um den Tod meiner langjährigen Freundin (1988 in Aachen kennengelernt) lähmt den Verstand und wehrt sich mit „nicht-wahrhaben-wollen“ und der Frage nach dem „Wieso?“….

Ich entsinne mich vieler schöner Stunden, die ich mit Ingrid verbrachte:  am Badesee, beim Klönen oder mit dem Verkauf selbstgefertigten Kunsthandwerkes auf Trödelmärkten und mit philosophischen Gesprächen.

Wir waren wie gute Schwestern seit über 30 Jahren stets miteinander verbunden. Der eine half dem anderen aus Notsituationen oder aus irgendeiner Patsche, wir tauschten Probleme und/ oder Ratschläge aus und interessierten uns einfach für das Leben des anderen.

Leider litt Ingrid seit der Jugend am Wechsel von manischen mit psychotischen Episoden und war alle paar Jahre für einige Wochen in der Psychiatrie.

Vorsorglich gegen dergleiche Schübe nahm sie lange Zeit ein niederpotentes Neuroleptikum.

Vor 8-9 Monaten wurde jedoch die Medikation auf RSSI-Hemmer umgestellt, deren Gefährlichkeit immer noch umstritten ist.

Da Ingrid noch andere Krankheiten hatte und stets wenig Rücksicht auf ihre Gesundheit nahm, (wobei ich ihr stets Rücksichtnahme predigte und sogar ihren Arzt kontaktierte), brach ich am 4. August um 19:15 Uhr mit den folgenden letzten Worten per SMS an sie den Kontakt ab:

Sinnhafter ist es, Distanz zu wahren in unserem „kleinen“  Restleben und friedvoll ignorierend ‚dahin‘ zu schwinden, ohne täglich über die eingefahrenen Macken des anderen zu wüten…
Und so verbleibe ich ohne die Qualen des Erbosens über den anderen in friedvoller Agonie mit bestgewünschtem rest of(f) Li/v/f/e

Ingrid hatte ein aufregendes und „schnelles“ Leben; ihr verstorbener Vater sagte stets, dass sie wie eine Kerze sei, die von zwei Seiten abbrenne…

In psychisch schlechten Zeiten reagierte sie teils sehr aggressiv auf ihre Umwelt.

Ingrid war sehr kreativ und zeigte immense literarische Qualitäten im Verfassen von –> Gedichten, die meist von ihrer Zeit, die sie in den USA verbrachte, handelten.

Nun stelle ich mir die Frage, wie es zum plötzlichen Tod während des Schlafes in der Psychiatrie kommen konnte.

Denn eigentlich stellt die Psychiatrie einen geschützten Raum, teils auch durch Eigenschutz, dar.

Und ich frage mich, ob im Klinikum vielleicht ein Neuroleptikum oder Sedativum zu hoch dosiert wurde, um ihre unbändige Aggression zu dämpfen?

Oder schädigten die RSSI-Hemmer der vergangenen acht bis neun Monate ihren Kreislauf und führten zum Herzinfarkt?

So mag es eventuell sogar ein segensreicher Tod im Schlaf an Herzstillstand gewesen sein, der sie vor dem Leidensweg ihrer gravierenden, physischen Grunderkrankung bewahrte?

Wie auch immer… Ich habe meine langjährige, beste Freundin verloren:

Wir werden nie wieder über alte Zeiten frotzeln, in Erinnerung an Geschehnisse schwelgen oder den anderen mit seinerseits verdrängten und/oder vergessenen, gemeinsam erlebten Anekdötchen auffrischen.

Es bleibt nur meine Erinnerung und in diese ist Ingrid felsenfest verankert, da sie seit 30 Jahren wie eine Schwester und ein Teil von mir war.

Ingrid war die einzige, die in mein langes Koma „Zutritt“ hatte und die Person, die ich nach meinem Herzstillstand und der Reanimation im Koma „sah“ und mit der ich durch das Koma auf metaphysischer Ebene „sprach“: sie war stets meine Schwester im Geiste, wenn wir auch sehr verschieden waren.

So war Ingrid von jeher eine Computer- und Technikhasserin, was uns jedoch optimal ergänzte.

Auch verband uns die Liebe zur Literatur und ich übernahm literarische Vorbilder von ihr, wie Kerouac oder C. Bukowski sowie musikalische Vorlieben von ihr, wie z.B. die Nähe zu Janis Joplin:


https://youtube.com/playlist?list=PLDV9x6vqkMFWLkGfSZNxpPmDbvXBONh2o

 

 

 

 

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Über sabine puttins

Weißt Du, geliebter Dämon, dass ich eine fiese Kröte bin, die sich von Echsenschleim ernährt? Dass ich ständig auf der Suche nach frischem Natternblut bin und dann noch den Anspruch stelle, es möge Deine - Gramborns - ureigenste Lust darin stecken? Dämon, ich nenne Dich nun Gramborn, seit ich den ersten Schmerz meines Lebens erfuhr - und der war das helle und schmerzhafte Licht, das ich erblickte, als mich eine fette Hebamme von der Nabelschnur meiner Erzeugerin riss. Nichts - kein Schmerz in meinem Leben - verursachte derartige Pein wie dieses Reißen und Absäbeln von einem anderen Menschen. Ich wehrte mich, ich wollte nicht in die grauenvolle Welt, in der mich nur Leid erwartete. Wohl wusste ich genau, dass diesem Trennungsschmerz viele weitere folgen würden: das gesamte, grässliche Leben würde eine Abfolge....... . . . Ich wollte nicht raus aus meiner Wasserwelt, weigerte mich strikt, mich von dort auch nur einen Millimeter zu rühren. Aber die fette Hebamme kannte keine Gnade, zog und zerrte an mir, als meine Erzeugerin mich hinauskatapultierte in all die Grausamkeiten. Sie zerrte derart an mir, dass mein Sträuben keinen Erfolg hatte, riss mich in das Licht und von der Nabelschnur. Zur Strafe meines Ungehorsams und meiner Vehemenz, nicht weichen zu wollen, schlug sie mir derb auf mein Hinterteil. Ich war über und über mit Blut besudelt. Soviel Blut um mich herum erlebte ich später nur noch ein einziges Mal: Als mich unter eine Theke duckte, um einem 9-mm-Dumm-Dumm-Geschoß zu entgehen. Das Geschoss traf den Rocker mit der Hell´s-Angels-Kutte hinter mir und zersplitterte seinen Schädel derart, dass Fetzen seines Hirns sich mit Resten halbleerer Biergläser in der Spüle vermischten und andere (weniger wichtige Hirnareale?) auf mein T-Shirt spritzten. Jedenfalls hatte ich von dieser „körperlich-geistigen Vereinigung “ keinen Nutzen, außer den, dass ich nicht getroffen wurde. Das Blut quoll aus der zerrissenen Nabelschnur und Blut war der erste Geschmack, den ich empfand. Dieser Geschmack sollte der meines Lebens werden, er begleitete mich, er ließ mich nach meinem Dämon und Natternblut lechzen, nach nie erfüllbaren Wünschen, die sich damals manifestierten. Vor Angst über all dieses verschmierte Blut in mir und um mich herum, blieb mir nichts anderes übrig, als einen qualvollen, lauten Schrei von mir zu geben, der die Schreie des Kreißsaales lauthals übertönte. Mein Schrei erschütterte die Manifeste des Krankenhauses und einen kurzen Augenblick lang stand die Zeit still. Ich dachte, naiv, wie ich war, ich könnte sie für ewig anhalten, allem Einhalt gebieten und mir und der Welt das Leid ersparen, aber es gelang mir nur für einen Pico-Bruchteil einer Zeiteinheit - danach war es um mich geschehen!