Eine Vision, die meiner eigenen von einer möglichen Zukunft nahe kommt, entdeckte ich kürzlich mit dem Roman von Ilona Bulazel „world: reset – Nach den Aschentagen“ und verschlang diesen Roman, das Debutwerk der Autorin, wissbegierig und von durchgehender Spannung angestachelt in wenigen Stunden.
Meine ehrliche Meinung als Sci-Fi-Fan (von Stanislaw Lem bis Phillip Jose Farmer verleibte ich mir bereits als Kind jegliche Science-Fiction Literatur ein) ist einfach nur ein RIESIGES Lob an die Autorin, deren Werk nicht nur eine gut durchdachte Vision in Form eines utopischen Romans darstellt, sondern diesen noch in eine spannende „Krimi-Hülle“ packt. Angemerkt sei dabei, dass ich bisher in einem „Durchgang“ nur wirklich gute Romane wie „Das Geisterhaus“ von Isabell Allende, „Hundert Jahre Einsamkeit“ von Gabriel Garcia Marquez oder „Das Focaultsche Pendel“ von Umberto Eco gelesen habe.
Der Roman beinhaltet neben einem kompletten Programm zur Rettung der Welt zahlreiche philosophische Ansätze und Theorien, denen ich rundum zustimmen muss. Denn in der heutigen Zeit des Hypes von immer mehr, immer schneller mit raktetenschnellen Rechnern in Terrabyte-Speichermenge (dafür waren vor 20 Jahren noch aufwändige Parallelrechner notwendig) muss einfach irgendwann „Stopp“ gesagt werden: Alles runterfahren! Ein „Reset“ ist die Antwort darauf, das Programm dazu bietet der Roman „world: reset“.
Dabei analysiert die Autorin mittels eingängiger Sprache unsere derzeitige Situation (vorverlegt um einige Jahre) haargenau und setzt einen „Cut“ im Jahr 2018 mit dem „Beginn der Aschentage“:
Auszug aus Roman:
2018 hatte alles angefangen ‒ oder alles geendet. Das war eine Frage der Betrachtung. Nachdem sich weltweit die Besitzstände verschoben und sich die Armut und die Ungerechtigkeit weiter ausgebreitet hatten, hatten es die Menschen tatsächlich geschafft, die Welt herunterzuwirtschaften. Man könnte auch sagen, dass die Welt damals wie das Zimmer eines ungezogenen Kindes ausgesehen hatte: dreckig, unordentlich und lieblos behandelt, ohne Scham demoliert und missbraucht. Die Natur war so gut wie nicht mehr vorhanden, die Erde geplündert, die Luft verseucht.
Geschickt impliziert die Autorin Ilona Bulazel zeitgenössische Daten der jüngsten Vergangenheit – wie die „Prophezeihung des Weltunterganges“ am 20.12. und lässt eine neue Welt mit neuer Ordnung auferstehen: Auszug aus Roman:
Am 20.12.2018 hatten die Aschentage begonnen. Plötzlich waren die Menschen innerhalb von Sekunden gestorben. Es hatte sie eine Art Feuer erfasst, das wie eine spontane Selbstentzündung ausgesehen hatte. Diese Selbstentzündungen waren in politischen Sitzungen, auf der Straße, in Autos passiert. Ein Fingerschnippen, plötzlich war nur noch ein etwa fünfzig Zentimeter hohes Aschenhäufchen zurückgeblieben. Manchmal hatte noch die Brieftasche daneben gelegen, das hatte dann die Identifizierung leichter gemacht.
Am ersten Tag hatten die Besen nur mal grob die Ecken ausgekehrt. Hier ein Präsident, da ein Minister, ein Konzernchef, ein Anwalt, ein Banken- oder Versicherungsvorstand, doch dann war es Zeit für die Feinarbeit gewesen und das Sterben hatte begonnen. Es waren Milliarden, in allen Schichten und Altersstufen, gestorben.
Die Aschentage hatten am 31.12.2018 geendet. Und zurück waren die Überlebenden und die Kinder geblieben. Tag 1 der Neuen Welt hatte begonnen.
Neben diesen nach und nach einfließenden Informationen über das Wie und Wann des Zusammenbruchs der Gesellschaftsformen, nach denen man im Laufe der Erzählung immer wissbegieriger lechzt, stellt der wesentliche Handlungsstrang des Romans einen klassischen Krimi dar, der ebenso neugierig auf die Auflösung macht, wie die Hintergrundinformationen:
Auszug aus Roman:
»Sehen Sie, Sheriff, die Leiche lässt sich nicht leicht identifizieren. Das Gesicht ist nicht mehr zu erkennen. Eigentlich hätten wir aber Papiere bei dem Mann finden müssen. Ich würde gerne weitere Untersuchungen vornehmen, auch wenn Obduktionen dieser Art schon seit über zweihundert Jahren nicht mehr gemacht wurden.«
Meines Erachtens ist der Autorin mit „world: reset – Nach den Aschentagen“ eine geniale Komposition mit der Mischung von Science-Ficiton/Utopie und Krimi gelungen, die absolut empfehlenswert ist!